Diese Mit-Esser können einem den Appetit verderben:
Die Am-Platz-Esser
Sie sind neu im Unternehmen und haben noch keine Lunch-Dates. Oder sie ersticken in Arbeit. „Du, ich hab mir nur was geholt“, ist ihre Standard-Ausrede, wenn sie mit einem Styropor-Behälter die Treppen hochhetzen.
Was liegt auf dem Teller:
Kleinteiliges, das man mit der Gabel essen kann
Dauer:
20 Minuten
Risiko:
Speiseröhrenkrebs
Die Lunch-BFFs
Sie nutzen den Slot, um ungehemmt Privates auszutauschen. Kommt ein Vorgesetzter vorbei, fallen Worte wie „Jahresabschluss“ und „Brainstorming“, Sekunden später wieder „Pille danach“ und „Katastrophen-Date“. Ihr Lunch ist der einzige Lichtblick in einem Job, mit dem sie schon lange abgeschlossen haben.
Was liegt auf dem Teller:
Üppig, man kennt sich
Dauer:
2 Stunden
Risiko:
Abmahnung
Die Globe-Trottel
Sie wissen, dass daheim bei Abdulghafur von der Salat-Theke Krieg herrscht und auch, warum Herr Kumar in seinen Curry-Gerichten keinen Koriander verwendet. Die Heimat der Kassenfrau kennt er vom letzten Trekking-Trip. Seine kumpelhafte Art soll Augenhöhe suggerieren ("Du, hinter jedem Kittel steckt auch ein Mensch!"), dient aber vor allem dazu, allen zu zeigen, wo er schon überall war.
Was liegt auf dem Teller:
Das Exotischste, gern mit Extra-Wunsch ("Habt Ihr auch diesen roten Reis-Essig dazu?")
Dauer:
Ewig durch sein Traveller-Tourette
Risiko:
Alle wünschen sich, dass er schnell wieder auf eine lange Fern-Reise geht
Die Very Important Schlinger
Sie hetzen zwischen ergebnislosen Meetings um 14 Uhr alleine in die Kantine und inhalieren ihr Essen in Turbo-Geschwindigkeit, den Blick immer auf dem Phone. Ihre Eile sagt: „Ich hab für so etwas Profanes wie Essen keine Zeit“, auch, wenn sie sich den ganzen Nachmittag in weiteren Terminen zu Tode langweilen.
Was liegt auf dem Teller:
Irgendwas
Dauer:
15 Minuten
Risiko:
Magengeschwür
Die Meal-Prep-Sektenjünger
Sie haben das Wochenende am Herd statt am See oder bei ZARA verbracht und präsentieren täglich neue Pinterest-würdige Gerichte in pittoresken Behältnissen. Sie sparen Geld. Sie sind gesünder. Und sie sehen besser aus als Du.
Was liegt auf dem Teller:
Buntes mit Nudeln und viel Grün
Dauer:
Bei Ihnen 35 Minuten, bei Dir 1 Stunde, weil Du noch in der Schlange stehst
Risiko:
Vereinsamung. Wer will schon mit jemandem essen gehen, der ein riesiges Einmachglas unterm Arm trägt?
Die Rudel-Esser
Sie gehen nie unter 14 Mann in die Kantine. Mindestens Vieren von Ihnen siehst Du an, dass sie sich jeden einzelnen Bissen lang woanders hinwünschen. In der Kassenschlange flammt auf ihren gequälten Minen ein letztes Mal die Hoffnung auf, sich im Getümmel aus dem Staub zu machen, mit der Ausrede: „Ich hab Euch irgendwo hinter der Salatbar verloren.“ Ein lautes „Wo ist eigentlich der Gerhard?“ vom Alpha-Wolf holt sie wieder in die triste Realität zurück.
Was liegt auf dem Teller:
Currywurst
Dauer:
45 Minuten
Risiko:
Soziophobie
Die Büro-Bulimikerinnen
Sie arbeiten in einer Lifestyle-Redaktion. Gemessen an ihrer Size-Zero-Figur ist ihr Teller erstaunlich voll. Sprüche wie „Wo packst Du das nur alles hin?“ sind nicht zielführend. Wohin wohl? In die Toilette. Nach dem Lunch entschuldigen sie sich und kommen kurz darauf mit geröteten Augen wieder. Bitte keine Fragen stellen.
Dauer:
1 Stunde und 10 Minuten
Was liegt auf dem Teller:
Verdächtig viel
Risiko:
Klinikaufenthalt
Die Bigotten
Zuhause bringen sie jede Pfandflasche zurück zu LIDL. Bei der Arbeit lassen die Bigotten den Larry raushängen: Sie laden Geschäftspartner ins Tantris ein und tun so, als sei das Hantieren mit 460-Euro-Rechnungen Alltag. Sie benehmen sich wie P Diddy im Club 55, bis sie die Spesen später einreichen und sich mit dem Kleingeist am anderen Hörer um jeden Cent streiten.
Was liegt auf dem Teller:
Sehr, sehr gutes Zeug
Dauer:
3 Stunden fürs Essen, eine Stunde fürs Bewirtungsbelege-Kleben
Risiko:
Schizophrenie
Die "Schau-mit-wem-ich-hierbin"-Poser
Sie haben ein Lunchdate mit dem CEO und wollen, dass das jeder sieht. Für ihn sind sie Kantinen-Komparsen, für sie ist es das Highlight des Jahres. Sie grüßen jeden überlaut und lassen im Smalltalk gewollt lässig einfließen: "Muss mal schauen, ob der Müller noch einen Kaffee will".
Was liegt auf dem Teller:
Was immer der Chef auswählt
Dauer:
Wie bei der Queen: Sobald der CEO aufhört, bist Du satt!
Risiko:
Mobbing
Die Luxus-Luncher
Sie tafeln in feiner Runde in den teuersten Läden, die 2000-Euro-Rechnung wird dem Controlling untergejubelt. Um 15 Uhr schlagen sie mit einer Chateau Margaux-Fahne und Espresso-Mundgeruch wieder im Büro auf, wo sie erstmal ein kurzes Schläfchen halten. Mit ihnen sollte man sich keinen Nachmittags-Termin legen.
Was liegt auf dem Teller:
Viel wichtiger: Was ist im Glas?
Dauer:
4 Stunden
Risiko:
Fettleber, Gicht, Bluthochdruck, Herzinfarkt
Die Knauserer
Sie haben sich gerade die Anzahlung für eine Eigentumswohnung aus der Rippe geschnitten. Finanziell ist jetzt nichts mehr drin. Mit Rosti-Mepal-Dosen wärmen sie sich ihr Mitgebrachtes in der Mikrowelle auf, schimpfen über die Kantinen-Preise ("5,50 für ne Currywurst? Die haben sie ja nicht alle! Rechne das mal auf ein paar Jahre hoch!") und trinken nichts, obwohl sie schon völlig dehydriert aussehen.
Was liegt auf dem Teller:
Lasagne vom Vorabend
Dauer: 45 Minuten
Risiko: Sie sind am Ende die Sieger dieses Battles. Denn sie besitzen eine Immobilie - Du nicht
Die Basen-Bitches
Sie sind immer auf irgendeinem Ernährungs-Trip und dozieren darüber, was ihr Heilpraktiker (der mit der Anal-Fixierung) nach einer eingehenden Darm-Untersuchung gesagt hat, bevor er die 400-Euro-Rechnung schrieb. Kein Getreide, kein Zucker (wusstest Du, wo überall Zucker drin ist?). Aus schlechtem Gewissen und, weil das Gespräch so eklig ist, rührst Du Dein Essen nicht an.
Was liegt auf dem Teller:
Das einzige, was nach einstündiger Inspektion der Theke in ihren Ernährungsplan passt.
Dauer:
Viel zu lange, denn Deine Pommes sind längst kalt
Risiko:
Kein Spaß, aber eine Spitzen Darm-Flora
Eltern
Sie sitzen in der letzten Kantinen-Ecke und schauen so, als sei der Pichelsteiner Eintopf eine Gaumen-Explosion. In Wirklichkeit sind sie überglücklich, dass sie einmal eine ungestörte Mahlzeit einnehmen und keine Schlägereien schlichten, Gemotze übers Essen abschmettern oder Gespräche über Elternsprechtage führen müssen.
Was liegt auf dem Teller:
Whatever. Hauptsache jemand anders hat es zubereitet
Dauer:
Ihr Blick sagt: Am liebsten endlos
Risiko:
Realitäts-Schock bei der Rückkehr in den Alltag
Die Wichtigtuer
Sie bekleiden einen hohen Posten, rufen Dir im Vorbeigehen zu „Lass mal wieder lunchen gehen, mein Kalender ist gepflegt“ und lassen ihre Assistentin einen halbstündigen Termin für März 2024 schicken, den sie aber dreimal absagen, um Dich zu demütigen.
Dauer:
Fällt ohnehin aus
Risiko:
Du verlierst die Nerven und schreibst Ihnen, dass sie sich ihren Blender-Termin sonstwohin shamponieren können - und bist damit raus aus dem Zirkel der Mächtigen