top of page
  • AutorenbildAnna Gelbert

Iss was, Kaia Gerber!


Gerade bist Du bei den British Fashion Awards zum Model of the Year gekürt worden. Das ist mit 17 Jahren eine beachtliche Leistung. Selbst für mich, die ich in der Medienbranche arbeite. Ich weiß, dass viele Preise verliehen werden, die nichts zu bedeuten haben. Dieser hier hat was zu bedeuten: Du bist nicht nur auf Dutzenden Magazincovern, bist die Muse von Karl Lagerfeld und der Model-Darling, auf den sich gerade scheinbar alle einigen können. Du hast es auch geschafft, Dich vom Hollywood-Star-Kind zu einer Eigenmarke zu mausern.

Deine Eltern sind Ex-Supermodel Cindy Crawford und Unternehmer Rande Gerber, auch sie geradezu lächerlich schön. Überflüssig zu erwähnen, dass auch Dein Bruder Presley unfassbar attraktiv ist. Zusammen seht ihr aus wie der Gen-Jackpot.

Ich kenne Deine Mutter noch, als wir jung waren, Kaia, naja, jetzt nicht persönlich: Ich wurde groß mit VOGUE-Covern, auf denen Cindy mit den buschigen Augenbrauen es wagte, einen erbsgroßen Leberfleck mitten im Gesicht zu tragen - als Markenzeichen. So viel Diversity war damals schon. Wir alle liebten sie.

Auch Du bist ein bildschönes, smartes Mädchen, Kaia. Deinen Job machst Du jetzt schon wie eine Große, Du bedankst Dich artig für Preise, denkst an Deine Mitstreiterinnen, sprichst von Inspiration und bist – natürlich – geehrt. Das machst Du prima.

Trotzdem will ich nicht, dass meine Tochter Dich als Heldin hat. Und weißt Du auch, warum nicht?

Meine Tochter ist stark, klug und lustig. Sie ist ein kerngesundes Mädchen mit einem ausgeprägten Willen. „Nein“ war ihr erstes Wort. Nicht „Mama“ - sondern „Nein“. Sie sagt Nein zu Klamotten, die ihr nicht passen, Nein zu Freundinnen, die sie nerven und auch mal Nein zu Ansagen von uns Eltern.

Natürlich spielt auch sie mit Barbies, natürlich interessiert auch sie sich für schöne Disney-Prinzessinnen und zeigt nicht unbedingt immer auf die Dove-Werbung.

Aber sie soll nicht denken, dass Nicht-Essen ein Beruf ist. Sie soll nicht anfangen, zu hungern oder sich heimlich zu übergeben, weil sie glaubt, dass sie nur dann liebenswert ist, wenn sie dünn ist.

Wenn ich Dich sehe, Kaia, dann sehe ich ein trauriges, hungriges Kind, dem viel zu früh viel zu viel Ruhm für etwas zuteilwurde, das es noch gar nicht verstehen kann. Angeblich wiegst Du nur noch 45 Kilo. Das tut mir sehr leid für Dich, denn mit zehn Kilo mehr wärst Du immer noch hübsch und erfolgreich, mit zwanzig mehr wärst Du vielleicht sogar glücklich. Du weißt es nur nicht. Ich wünsche Dir, dass Du den Mut hast, es irgendwann auszuprobieren. Ich bin sicher, wenn Du schön UND gesund aussiehst, kaufen noch mehr Leute die Kleider, die Du Dir für Geld anziehen lässt. Deine Mitstreiterinnen trauen sich öfter mal was: Winnie Harlow ist mit ihrer Hautkrankheit Vitiligo eine Marke für sich, selbst Kendall Jenner wurde diese Woche nachts beim Fast Food Essen erwischt. So what? Ich wünsche Dir, dass Du etwas findest, das nur Dich ausmacht, Kaia. Und pssst: Dünnsein ist es nicht.

bottom of page