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Schule 2025. Ein Mängelbericht.

  • Autorenbild: Anna Gelbert
    Anna Gelbert
  • 9. Juli
  • 2 Min. Lesezeit

Ich habe seit 2012 ein Ritual: Immer, wenn ein Schuljahr beginnt, hänge ich einen Stundenplan an meine Küchenwand. So sehe ich, wann welches Kind Mathe, Bio oder Abi hat. Genauso gut könnte ich ihn weiter unten in die Altpapiertüte legen. Denn er hat noch nie gestimmt.


Wir sind kurz vor den Sommerferien. Das ist kurz nach den Pfingstferien und mittendrin im Dauer-Ausnahmezustand. Denn so richtig Schule ist selten. Krankheiten, Konzerte, Exkursionen, irgendwas ist immer. In den Bildungsinseln dazwischen wird der Stoff abgesaugt und benotet.


Schon meine Mutter hat zu meinen Schulzeiten auf diesen Lehr-Lauf geschimpft. Geändert hat sich nichts. Ein Teenager hatte schon damals nichts um 13 Uhr zu Hause verloren. Aber: Früher warteten Muttis mit Mittag. Heute heißt der Lehrer in der 7. McDonalds.


Apropos Hunger: Gefüttert werden die Kinder. Und zwar mit politischer, sagen wir, Bildung. Der wirkliche Wissenshunger wird selten gestillt. Pocahontas, Shrek – meine Kinder kennen alle Filme aus den frühen 2000ern. In Dutzenden Vertretungsstunden haben sie KEINE Serien auf Englisch oder Französisch gesehen. Und keine gutgemachten Videos auf youtube.

Stattdessen: Absitzen. Airpods rein. Nicht auffallen. Zu Hause richten’s Mama und Papa mit teurer Nachhilfe.


Ja, ich weiß: Die Lehrkräfte können auch nur Lücken stopfen und machen das stellenweise fantastisch. In ihrer Haut möchte ich nicht stecken. In meiner aber auch nicht: Bildungspolitik, Personalmangel, Geldnot. Der Systemkollaps wird auf unseren Schultern ausgesessen. Ein Wunder, dass überhaupt noch jemand Abi macht.


Ich würde gern noch mehr Steuern zahlen, wenn ich wüsste, dass davon auch nur ein Schul-Klo renoviert wird. Stattdessen führen wir Krieg gegen den Mangel an allem außer Vorschriften. Davon gibt’s genug: Wir bekommen sogar verschlüsselte Mails zum Schulbasar. Datenschutz. Aber wer schützt unsere Kinder vor einem System, das schon längst in der Depression steckt?


Ich hätte mit diesem Artikel gern noch ein paar Jahre gewartet. Aber bis dahin ist mein Kopf vom Schütteln abgefallen. Wer hat die Bildung in den Burnout getrieben? Ich weiß es nicht. Dafür weiß ich, wer die Leidtragenden sind: Irgendwie alle.


Und jetzt muss ich packen. Meine Tochter fährt auf eine Chor-Freizeit. Eine Woche vor Notenschluss. Was dann bis zu den Sommerferien passiert? Na, nix. Außer einer Reihe von Festen, die nur mithilfe von Eltern zu stemmen sind.


Im September kommt er dann wieder, der Moment, um grimmig zu schmunzeln: Der Stundenplan.

 

 

 
 
 

© 2017 by Anna Gelbert © 2017 Photos by Schoko-Auge

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