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  • AutorenbildAnna Gelbert

"Ich heiße jetzt Müller" - Frauen, behaltet Eure Namen!


Es gibt Blogeinträge, da weiß ich schon beim Verfassen: Das gibt einen Shitstorm.

Wildfremde Menschen werden mir schreiben - gespickt mit Orthographiefehlern, was man mit Frauen wie mir früher gemacht hätte. Andere werden sofort auf meine eigene Ehe schließen. Freundinnen werden schmollen. Es wird hässlich werden. Es muss sein.

Es gibt einen seltsamen Trend, der sich in den vergangenen Jahren wieder verstärkt hat: Fast jede Frau, die ich kenne, gibt bei der Heirat ihren Namen ab und nimmt den ihres Mannes an. Ich kenne unfassbar viele coole, lustige, mächtige, taffe, humorvolle, eigenständige Frauen, die nach den Flitterwochen zurückkommen und mit diesem verlegenen Blick hauchen: "Ich heiße jetzt..." Hektisches Ämter-Gerenne, E-Mail-Signaturen werden neu aufgesetzt, Glückwünsche von allen Seiten. Nur in den seltensten Fällen ist der Name danach schöner als davor (Zum Glück haben wir keine Angela Sauer als Kanzlerin). Noch wichtiger: Es ist der Name, den andere Eltern einem anderen Kind gegeben haben.

In Zeiten, in denen jede dritte deutsche Ehe geschieden wird, legen wir immer noch bereitwillig unsere Identität auf den Tisch, in der Annahme, dass ausgerechnet unsere Liebe hält. "Es sind doch nur Buchstaben, mein Name war ohnehin nicht so doll, das fühlt sich irgendwie mehr nach Familie an.", kommt dann. Es scheint sich um einen Liebesbeweis zu handeln, den die wenigsten Männer umgekehrt so erbringen würden, selbst wenn sie mit Nachnamen Joghurtdeckel heißen.

Der Selbstaufgabe-Trend geht durch alle Gesellschaftsschichten und betrifft Normalos wie Stars: Menschenrechtsanwältin Amal heißt jetzt lieber Clooney als Alamuddin, und aus der selbstbewussten, strahlenden Frauenrechtlerin Meghan Markle ist jetzt ein herzogliches Häufchen Elend geworden, das nur noch Winkewinke macht und möglichst schnell schwanger werden muss.

In mehr als 100 Ländern auf der Erde behalten Frauen ihren Namen, sogar im streng katholischen Spanien. Die Kinder tragen dann einen Namen, der sich aus den Nachnamen ihrer Eltern zusammensetzt.

Plädiere ich dafür, dass Männer es uns gleichtun? Nein! Bei meinen Recherchen löste allein schon diese Frage Todesängste aus. Von Ent-Eierung war gar die Rede. Jeder kennt einen, der das schon mal gemacht hat, eine Lachnummer. Doppelnamen? Hahaha.

Als Teenie träumte ich davon, eines Tages einen Adligen zu heiraten und Anna von Whatever zu heißen. Weil ich aber ein renitentes Weib bin, erbot sich keiner. Vor der „Behalt-ich-meinen-Namen-Frage“ stand ich dennoch irgendwann - und konnte sie dankenswerterweise ohne große Diskussionen nach meinem Gusto lösen.

Ringsherum aber: Das große Umbenennen, endlich nur noch ein Name auf dem Klingelschild, die Müllers, die Meiers, alles wird jetzt einfacher. Das WIR-Gefühl, für das immer eine draufzahlt.

Wie oft habe ich in 12 Jahren als Mutter Probleme mit dieser Zweigleisigkeit bekommen? Nullmal. Gelegentlich werde ich mit dem Namen meines Mannes angesprochen. Abgesehen davon: Kein Unterschied.

Der Punkt ist: Je mehr Frauen bei ihrem Geburtsnamen bleiben, desto normaler wird es.

Wir wundern uns über Kopftücher – und geben doch freiwillig das her, was nur eine Minute nach unserer Geburt in Form eines Bändchens an unserem Arm baumelt: Unseren Namen. Soll jede machen, wie sie will? Natürlich. Sollten wir alle einmal darüber nachdenken? Unbedingt.

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