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  • AutorenbildAnna Gelbert

Date-Desaster-Night


Lass uns nochmal um die Häuser ziehn…

singt Element of Crime, und ich singe mit: Noch einmal bis morgens früh mit einem Mann lachend und knutschend auf Treppenstufen sitzen und sich über Essen, das keiner von beiden anrührt, tief in die Augen gucken, wissend, dass Ihr nachher noch Life-Changing Sex haben werdet. Noch einmal einen Abend haben, der endlos und perfekt scheint. Wenn Du Kinder zusammen hast, ist das plötzlich sehr weit weg: Zuhause wartet Dein schlecht gelaunter Babysitter, dessen Taxameter gnadenlos in den Euro-Bereich springt, für den Du auch eine vierhändige Ayurveda Massage bekommen könntest. Und die ist sicher entspannender als das hier: Du buchst Maja oder Sarah und kommst Dir wahnsinnig mondän und französisch vor („Kinder, Maman und Papa gehen heute in die Oper“. In meinen Tagträumen – nachts schlafe ich oder schreibe to do Listen - schließt mein Mann mit einem Kuss auf meinen Nacken die Perlenkette und raunt „Du siehst heute hinreißend aus!“). In Wirklichkeit schminkst Du Dir hektisch ein Drag Queen-Gesicht, während die Kinder an Deiner Tür rütteln. Beim Abschied gibt’s natürlich Tränen und ein dramatisches „Geh nicht!“ Toll: Sonst juckt es keine Sau, ob Du stundenlang bei Edeka oder hinter dem Lose-Stand auf dem Schul-Basar verschollen bist. Aber heute, dem einen Abend, der lustig werden MUSS, weinen sie, als gingest Du ein Jahr in ein hochgefährliches Kriegsgebiet. Es ist erstaunlich, was Kinder für Heul-Arten im Repertoire haben. Du stürzt hektisch aus der Tür, mit diesem schlechten Gefühl im Oberbauch (was Du gleich mit einem Merlot-Tsunami wegspülen wirst, weshalb es Dir morgen noch schlechter gehen wird). Die Babysitterin zuckt nur mit den Schultern „Kriegen wir schon hin, was Kids?“ (Klar, die Kinder werden heute sehr lange wachbleiben, sehr viel Ungesundes essen und sehr lange in LED- Bildschirme schauen – weshalb es allen morgen dreifach schlecht gehen wird.)

Also Abmarsch zum Date-Desaster.

Ihr zieht los, Händchenhalten ist schon lang nicht mehr, es ist nicht mal nötig, um Deinen Gang mit den 12 cm Heels abzustützen. Den hast Du alleine drauf.

In Eurem Lieblingsrestaurant ist alles vertraut und schön wie immer. Du bemühst Dich, kein Gespräch aufkommen zu lassen, in dem die Wörter U9 oder Matschhose vorkommen, unterdrückst hier und da ein Gähnen, schaufelst riesige Mengen Essen in dich rein, einfach, weil DU ES KANNST und Dich heute kein Kind bei jedem Bissen stört. Du trinkst definitiv mehr als gut wäre. Ihr umschifft Reizthemen, denn, wenn heute keine Streitbombe über ein längst fälliges Thema hochgeht, könnt ihre diese paar Stunden schon als Erfolg verbuchen. Ihr leistet Euch ein Taxi nach Hause, mittlerweile kostet der Abend 200 Euro – wo natürlich noch alle wach und vom Dauerglotzen völlig überdreht sind. Die Babysitterin nimmt muffelig ihr Geld entgegen und eilt raus - weil sie JETZT NOCH auf eine Party geht. Ihr verarztet die Kinder ins Bett, der Ton ist gereizt. Du pennst mit vollem Abend-Make-up im Kinderbett mit ein, an Sex ist nicht mal im Traum zu denken – denn am nächsten Morgen sind alle um 7 Uhr wach.

Warum tun wir uns das an? Und warum verstreicht ein kompletter Abend, an dem die wichtigste Frage NICHT gestellt wurde: „Wie geht’s Dir eigentlich?“ Das bespreche ich morgen lieber mit meinen Freundinnen.

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