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  • AutorenbildAnna Gelbert

20 gute Dinge in 2020

Aktualisiert: 24. Feb. 2023


Neulich habe ich mit meiner Tochter ein Spiel gespielt: Wer kann länger ernst gucken? Und ich schwöre: Ich würde bis heute durchhalten. Aber so geht's ja irgendwie auch nicht. Also habe ich mich entschlossen, dieser Vollkatastrophe von 2020 etwas Gutes abzugewinnen, ein bisschen Glückstrüffelschwein zu sein. Herrje, es gab sie doch auch, die schönen Seiten.

Hier kommen sie:


20) Mein Konto war von März bis Mai voller als sonst. Also weniger leer. Ihr wisst schon. Keine Restaurantbesuche, keine City-Trips, keine Klamotten. Wofür auch? Im Home-Office reicht der praktische Alman-Look: schmucklos, praktisch, wetterfest.

19) Ich bin eine ziemlich gute Köchin geworden. Rinderrouladen (und das als Veganerin), Tabbouleh mit Börek, selbstgemachte Pasta mit Pilzragout. Kein Vergleich mehr zu den hektisch hingerotzten Nudelsuppen nach Feierabend-Stau und Meeting-Marathon. Beim Perfektes-Dinner-Schauen vergleiche ich mich in Ermangelung anderer Aktivitäten mit den KandidatInnen, und sooo schlecht schneide ich gar nicht mehr ab.

18) Ich weiß, welche Bringdienste in München genau die richtige Mischung aus "kein Bock zu kochen heute, lass was bestellen" und "gönn Dir mal was" liefern. Und ich weiß, dass die Lieferando-Leute knobeln, wer zu mir in den fünften Stock muss.

17) Ich hatte trotz Krise gut zu tun. Ich habe ein Buch veröffentlicht, ich konnte viele fantastische TV-Formate und einen Crime-Podcast texten. Da war schon mal weniger Spaß in meinem Schreibleben als 2020.

16) Ich weiß, mit wem ich diskutieren will, und mit wem nicht.

15) Mit Wonne habe ich den Lehrkräften und Kultusministern beim Scheitern zugesehen. Jetzt habt Ihrs amtlich, Leute: Ihr habt's verkackt. Auf allen Ebenen und mit nur wenigen löblichen Ausnahmen. Unseren Kindern fehlt ein Jahr. Aber, hey, Ihr drückt bei den Kleinen auch öfter mal ein Auge zu. Vielleicht können wir uns drauf einigen, dass wir das jetzt auch tun - vorausgesetzt, Ihr arbeitet daran und werdet 2021 besser, klarer, einheitlicher, digitaler.

14) Ich habe so viel Sport gemacht wie noch nie. Laufen, Schwimmen, Radfahren, Workout. Nicht nur gegen die Sofa-Plauze, auch gegen Stimmungstiefs und Wut-Hochs wirkt das Wunder.

13) Ich war so oft in den Bergen wie selten. Wandern, Abende auf der Hütte, Gipfelglück in der Sonne weit weg von Homeschooling und Lagerkoller - so simpel, so gut.

12) Ich hatte einen Bomben-Sommer: Voller Lebenshunger stürzte ich mich auf die Terrasse beim Lieblingsgriechen, bretterte nach Südfrankreich, lag Wochenende um Wochenende im leeren Freibad und im Englischen Garten, habe geschlemmt, geprostet und die lichtdurchfluteten Tage geschlürft bis zur Neige.

11) Ich habe wunderbare Serien und Filme und Bücher entdeckt. Noch nie gehörte ich zur Fraktion Abends-auf-dem-Sofa-Chillen. Jetzt schon. Gezwungenermaßen. Der Lieblings-Shopping-Artikel im Herbst 2020: Die Netflix-Hose. Bequem, dehnbar und utterly unsexy.

10) Ich habe den Morgen-Kaffee mit Freunden entdeckt. Ein schneller Hafer-Latte in aller Herrgottsfrühe, bevor der Bürotag startet, ein Schwatz beim Müsli an einem sonnigen Morgen in Schwabing. Pures Glück.

9) Wir waren alle ein Jahr lang gesund. Das ist ein Geschenk und nicht selbstverständlich.

8) Ich musste ein Jahr lang nicht fliegen. Ich weiß, für viele ist das ein Minus. Für mich als Panik-Patientin ein Plus.

7) Ich war noch nie so froh, ein Auto zu haben. Ein paar Quadratmeter Covid-ungefährliche Freiheit und eine der wenigen Möglichkeiten, den Radius weit zu halten.

6) Meine Beziehung war stabil wie nie. Gäbe es noch kein Virus, das Männer zwingt, zu einer halbwegs vertretbaren Uhrzeit aus Bars zu kommen - ich hätte es erfunden.

5) 2020 war das Jahr der Hilfe: Nachbarschaftshilfe, Überbrückungshilfe, Novemberhilfe (obwohl die ja erst im Januar kommt). Alle helfen allen, ich hoffe, das bleibt so.

4) Ein Schlafanzugweihnachten steht vor der Tür. Das ist natürlich ein Scheiß gegen endlose, laue Sommerabende mit dem Rad und Freunden in der Stadt. Aber hey, es wird zumindest gemütlich. Nutzen wir die Cocooning-Stimmung und ruhen uns halt aus.

3) Es gibt Licht am Ende des Eswirdalleimmerschlimmer-Tunnels: Spätestens im März sitzen wir wieder mit einem Cappu beim Lieblingsitaliener.

2) Apropos - Meine Drinks des Jahres, die ich natürlich selten und maßvoll konsumiere: Der gute alte Grand Marnier (Ihr wisst schon, die Erdbeer-Crepe-Suzette-Flambier-Plörre aus den 80ern. So lecker, ballert sofort, ist der perfekte Absacker-Schluck und sorgt für Narkoseschlaf) und Franciacorta (ein unfassbar feiner Schaumwein aus der Lombardei. So teuer wie Schampus, nur um Weinberge besser, krümelt ins Glas, nie trank man stilvoller).

1) Unsere Kinder haben ein Jahr mit uns Eltern geschenkt bekommen. In der Nähe-Lotterie einen Sechser gezogen. Gab es früher oft Dispute mit anderen Müttern und Vätern über das leidige Thema Berufstätigkeit versus Heimpräsenz, war 2020 das Jahr der Bindung. Wir sind jetzt alle daheim! Ein frisch gekochtes Mittagessen, wenn sie aus der Schule kommen, gemeinsame Mahlzeiten, gemütliche Wochenenden, betreute Hausaufgaben, immer ein Ansprechpartner, keine hektisch aus der Tür stolpernden Erwachsenen, die immer noch irgendwo hin müssen. Klar, ab und zu würde ich schon mal gern irgendwo hinmüssen, aber es hielt sich trotz des Erziehungs-Dauerfeuers erstaunlich in Grenzen. 2020 hat für die nächsten Jahre unser Verhältnis rosarot zementiert: Wir sind füreinander da. Das ist meine wichtigste Erkenntnis dieser 12 Monate voller Ärgernisse. In unserem Mikro-Kuss-mos hier war alles perfekt gemanagt. Was draußen so oft fehlte, gab's daheim zuhauf: Erklärungen, Optimismus, Tatkraft, Trost - und Pläne.


2020 war ein beschissenes Jahr? Sicher. Aber es hatte seine Glanzlichter, überraschend viele.

Ich wünsche Euch allen ein Silvester ohne Wer-geht-zu-wem-zum-Raclette-Nervenkrebs, 150-Euro-Abzocke-und-Gähnen-ab-21Uhr-Menüs und Verliert-mein-Kind-beim-Böllern-die-Schreibhand-Panik.

2021 lassen wir's wieder jucken.










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