Sie schmollt vom März-Cover der US-VOGUE, hat gerade fünf Grammys geholt, sie ist der heißeste Scheiß des Planeten.
Und das, obwohl sie erst 18 ist, depressiv und anti-gestylt. Nein, Little Miss Sunshine ist Billie Eilish nicht. Aber sie ist echt. Und gerade deswegen liebt meine Tochter sie.
Meine Tochter liebt allerdings auch Ariana Grande, den Tüll gewordenen Disney-Traum, die Extensions-Barbie mit Samtstimme und Merchandise-Imperium.
Ari-Billie-Ari-Billie-Ari, so geht es im Stundentakt. Gerade liegt Ari wieder vorn.
Madonna vs. Nena
Ich konnte mich in den 80ern auch nicht zwischen Madonna und Nena entscheiden. Ehrgeizige Fame-Queen contra Ledermini-Göre von umme Ecke. Madonna-Nena-Madonna-Nena-Madonna. Das Rennen machte Madonna, denn sie brachte viermal im Jahr eine neue Kollektion ihrer Charakterbestandteile auf den Markt. Bis ich sie vor einigen Jahren in Paris beim Konzert sah und traurig feststellte: Die Frau kann eigentlich gar nix. Tanzen? Mittelmäßig. Singen? Ein Trauerspiel. Aber verkaufen konnte sich Madonna immer. Sie wurde reich und mächtig, liebte, heiratete und schwängerte (bei ihr muss das genau so heißen), wen sie wollte. Für so viel Cojones werde ich sie immer vergöttern.
Dass sie zum Opfer ihrer eigenen Eitelkeit wurde und heute aussieht wie Katzenfrau Jocelyn Wildenstein, tut mir leid und macht das Happy End ein bisschen zunichte. Sie steckte sich eben nicht mit 27 eine Knarre in den Mund, eine Nadel in den Arm oder stieg ins falsche Auto. Nein, sie lebte gesund und fit weiter und musste ihrer eigenen Kompostierung beiwohnen. Aber: Sie hatte ihre Zeit - und ich hatte mein Idol.
Die Leiden der jungen B.
Meine Tochter hat jetzt eben Neurosen-Billie. Ich frage mich - und fühle mich dabei schrecklich alt: Ist es gut, wenn sich eine 8-jährige an einem (zugegeben kreativen und lässigen) Mädchen orientiert, das schon mit 11 über Suizid schrieb, eine diagnostizierte Störung hat und noch seltener lächelt als Victoria Beckham?
Ariana Grande dagegen ist ein stets gutgelaunter, hübscher Pop-Emoji. Alle lieben sie. Trotzdem passiert in ihrem Leben ziemlich viel übles Zeug. Aber nicht so buhuuuu, das Universium ist so sinnlos, sondern richtig harte Sachen: Ex-Freund bringt sich um, Terroranschlag auf ihrem Konzert.
Hallo Schicksal: Ist das die Message? Die Gutgelaunten kriegen die Ladung Mist - die Jammerer aber kommen am Ende gut durch?
Ein Hoch auf George Michael!
Ich erinnere mich an meine New-Wave-Zeit, als ich, kalkweiß geschminkt mit Beton-Stachelfrisur, auf The-Cure-Konzerten versuchte, trübsinnig und unverstanden zu gucken - und dann beschloss: Ich mag lieber WHAM! Lederbraune Leute in weißen Shirts auf Jeep-Tour im Insel-Inneren - Club Tropicana, das war meine Offenbarung: Hey, das Leben darf auch leicht sein.
Fun Fact: Cure-Depri-Frontmann Robert Smith lebt noch, feierte gerade seinen 60. und genießt seine Kohle mit seiner Frau Mary in einem Dörfchen an der Südküste Englands. Ab und zu tritt er auf Festivals auf oder kündigt neue Alben an.
George Michael aber krepierte adipös, einsam und mit Drogenproblemen.
Ich werde meine Tochter warnen. Ich werde sagen: "Mein Schatz, die Stars, die ständig flennend à la Bieber in irgendwelchen Parks sitzen oder Anxiety-geplagt Rätselhaftes aus der Klapse posten, die werden es vermutlich lange machen. Ich wünsche es ihnen - ich wünsche mir und Dir nur, dass sie sich ab und zu auch mal ein bisschen freuen."
JLO rules!
Zurück zu weiblichen Role Models: Heute sah ich auf Instagram das Backstage-Video von Jennifer Lopez. Eine 50-jährige, in der Form ihres Lebens, ihre Tochter an der Hand, inszeniert die letzten Minuten vor ihrer perfekten Superbowl-Show, mit der sie Geschichte schreiben wird. Die Männer in ihrem Leben, A-Rod, Anthony, Affleck - JLO hat sie alle abgehängt, abgestellt oder abgesägt. Jetzt blüht die Frau erst richtig auf: Fit, reich, Mutter, globaler Mega-Star - und scheinbar trotzdem ganz happy. Ein echtes Role Model, wenn ihr mich fragt. Zeig ich meiner Tochter gleich mal.